• 19.04.2013 – OLG Frankfurt: Rechtsmissbräuchlichkeit der Anmeldung sog. Vorrats- oder Spekulationsmarken

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Steuer & Recht

OLG Frankfurt: Rechtsmissbräuchlichkeit der Anmeldung sog. Vorrats- oder Spekulationsmarken

 

Sowohl das MarkenG als auch die GMV enthalten Vorschriften über den sog. Benutzungszwang, wonach die Geltendmachung von Ansprüchen aus einer eingetragenen Marke oder die Aufrechterhaltung der Eintragung davon abhängig ist, dass die Marke benutzt worden ist. Zweck dieser Regelung ist es, das Register im Interesse der Allgemeinheit und des Wettbewerbs von künstlichen Monopolen freizuhalten und dem Markeninhaber, der von seinem Ausschließlichkeitsrecht keinen Gebrauch (mehr) macht, seiner formalen Rechtsstellung wieder zu entheben. In diesem Sinne ist die Benutzung einer eingetragenen Marke sowohl im Falle der markenrechtlichen Löschungsklage (§§ 55, 51 MarkenG), im Widerspruchsverfahren (§ 43 MarkenG), mit Blick auf den Verfall der Marke und im Rahmen der Unterlassungsansprüche gemäß § 14 MarkenG von entscheidender Bedeutung. Gleichwohl normiert § 25 Abs. 1 MarkenG zugunsten des Inhabers (Anmelders) einer Markeneintragung eine fünfjährige Benutzungsschonfrist, während derer die Ausschließlichkeitsrechte aus der Marke auch ohne Nachweis der Benutzung geltend gemacht werden können. Erst nach Ablauf dieses Zeitraumes ist die Benutzung der Marke auf die Einrede des Inhabers eines jüngeren Kennzeichens hin nachzuweisen. Obwohl das Erfordernis einer generellen Benutzungsabsicht dem § 3 MarkenG nicht zu entnehmen ist, nimmt der BGH an, dass die Gefahren des Rechtsmissbrauchs durch „Spekulationsmarken" es erforderlich machten, dass zumindest ein „genereller Benutzungswille" vorliegt (siehe BGH GRUR 2001, 242 - Classe E). Ist dieser nicht vorhanden, kann die Markenanmeldung auch aus diesem Grunde scheitern. Einen solchen Fall hatte nunmehr das OLG Frankfurt a.M. zu entscheiden (OLG Frankfurt am Main · Urteil vom 7. Februar 2013 · Az. 6 U 126/12).

Der Fall:

Der Geschäftsführer der Antragstellerin verfolgt nach eigenem Vortrag ein spezielles Vermarktungskonzept. Er gibt an, Marken nach einem von ihm selbst entwickelten „C - Modell" zu entwerfen, als Vorratsmarken anzumelden und sie dann für den unmittelbaren Einsatz beim Kunden bereitzuhalten. Die unter seiner Leitung stehende Agentur „A3" sei für die Entwicklung und Vermarktung der Marken verantwortlich. Die Antragstellerin betreibe mit ihren Schwestergesellschaften die Markenverwaltung und -verwertung. Die Antragsgegnerin ist ein namhafter Markenartikelhersteller. Die Antragstellerin verlangt von der Antragsgegnerin Unterlassung der Nutzung des Zeichens „D" und beruft sich auf eine Verletzung der zu ihren Gunsten eingetragenen Wortmarke „E", registriert u. a. für Fahrzeuge, Bekleidung, Schuhe und Sportartikel. Das Landgericht hat den Eilantrag zurückgewiesen, weil es die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs als rechtsmissbräuchlich bewertet hat. Die Antragstellerin sei Inhaberin einer Vielzahl von Marken, trete aber im Geschäftsverkehr nicht als Markenagentur auf und habe keinen ernsthaften Benutzungswillen.

Die Entscheidung:

Die Berufung der Antragstellerin bleibt im Ergebnis ohne Erfolg, da die Antragsgegnerin erfolgreich den Einwand des Rechtsmissbrauchs erhoben hat. Zur Beurteilung der Rechtsmissbräuchlichkeit stellt das OLG nicht allein auf den Markenbestand der Antragstellerin und ihre geschäftlichen Aktivitäten zur Verwertung ihrer Marken ab, sondern nimmt auch die geschäftlichen Aktivitäten der anderen, vom Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Antragstellerin geleiteten Gesellschaften sowie das von ihm dargestellte Geschäftsmodell in Augenschein. Dabei fällt zunächst ins Gewicht, dass für die bulgarischen Verwertungsgesellschaften der „A - Gruppe" seit ihrer Gründung Anfang des Jahrtausends über 2.400 Marken für verschiedenste Waren angemeldet wurden, wobei ein Großteil davon mangels Gebühreneinzahlung nicht registriert worden ist. Die Bevorratung von Marken und das Fehlen eines konkreten Vermarktungskonzepts weisen zwar - für sich gesehen - noch nicht zwangsläufig darauf hin, dass der Markeninhaber ein rechtsmissbräuchliches Geschäftsmodell verfolgt (vgl. Ströbele, MarkenG, 9. Aufl, Rn 542 zu § 8 MarkenG). Vielmehr muss untersucht werden, ob konkrete Unlauterkeitsmerkmale vorliegen, die darauf hindeuten, dass ein ernsthafter Benutzungswille fehlt und die Anmeldung der Marken und/oder deren Verwertung bösgläubig sind (BHH GRUR 2009, 782, Tz. 16 - Ivadal). Dabei steht die Frage im Vordergrund, ob der Markeninhaber in der Absicht handelt, andere zu behindern. Die Behinderungsabsicht muss sich nicht gegen bestimmte Mitbewerber richten sondern kann auch verschiedene, im Einzelnen noch nicht bekannte Dritte betreffen. Die Behinderungsabsicht muss auch nicht das einzige Motiv des Markenanmelders/-inhabers sein, wohl aber ein wesentlicher Beweggrund seines Handelns. Maßgeblich ist daher, ob sich nach der Lebenserfahrung eine Behinderungsabsicht des Markeninhabers aufdrängt (vgl. Ströbele a.a.O., Rn 543 zu § 8 MarkenG).

Dafür sprechen hier folgende Gesichtspunkte:

Die Antragstellerin hat nicht erklären können, dass den Aktivitäten der „A - Gruppe" ein in sich stimmiges, seriöses Geschäftsmodell zugrunde liegen würde. Es ist nicht nachvollziehbar, wieso das oben bereits beschriebene Konzept, Marken „im stillen Kämmerlein" zu entwickeln, als Vorratsmarken anzumelden und Markenartikelunternehmen anzubieten, nachhaltig wirtschaftlich erfolgreich sein sollte. Es erfüllt nämlich nicht die Anforderungen, die ein Markenartikelhersteller üblicherweise an seine Dienstleister stellt. Da die Nutzung einer Marke in aller Regel ein dahinter stehendes Marketingkonzept voraussetzt, entwickeln Marketingagenturen neue Marken für die entsprechenden Produkte oder Geschäftsideen zusammen mit ihren Kunden und passend zum Vermarktungskonzept. Dies ist dem seit vielen Jahren auf dem Gebiet des Markenrechts und des gewerblichen Rechtsschutzes spezialisierten Senat aus zahlreichen vorangegangenen Verfahren bekannt.

Es mag zwar vorkommen, dass in Einzelfällen Kunden ohne ein dazu passendes Marketingkonzept auch einmal eine Marke „von der Stange" kaufen. Dass diese Art der Markenverwertung in größerem Umfang Erfolg haben könnte, leuchtet dagegen nicht ohne weiteres ein. Hier kommt hinzu, dass die A3 ausweislich der wenigen hier vorgelegten Anschreiben immer nur punktuell, ohne Erläuterung oder gar mit einer beigefügten Marketingidee fast wahllos an verschiedene Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen herangetreten ist, um ihnen Marken anzubieten.

Dass mit diesem Geschäftsmodell der „A - Gruppe" bislang keine nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolge erzielt worden sind, belegt der eigene Vortrag der Antragstellerin. Im Zeitraum von 2001-2012 sind lediglich 6 Marken von den Verwertungsgesellschaften der „A - Gruppe" veräußert bzw. an Dritte übertragen worden, nämlich die Marken „M1" und „M2" von der G, „M3" von der A1 sowie „M4", „M5" und „M8" von der Antragstellerin. Dass damit Einkünfte in nennenswertem Umfang generiert worden wären, ist nicht ersichtlich.

Diese Umstände verstärken den Eindruck, dass die gelegentliche Vermarktung einzelner Marken die hier betriebene Bevorratung nicht rechtfertigt und daher nur ein „Nebenverdienst" zu dem eigentlichen Ziel der Behinderung Dritter mit Spekulationsmarken darstellt. Insoweit muss sich die Antragstellerin entgegenhalten lassen, dass sie vor dem hiesigen Eilverfahren beim Senat bereits ein Verfahren gegen die Fa. F GmbH wegen vermeintlich markenverletzender Nutzung der Marke „M6" der Antragstellerin anhängig gemacht hatte (6 U 86/12) und dass die Antragstellerin die Antragsgegnerin wegen Nutzung der Marke „M7" abgemahnt hat, was als Indiz für eine Bevorratung zur Behinderung und Erzielung von Schadensersatzansprüchen gewertet werden kann. Die Reaktion der hiesigen Antragsgegnerin und die in der Parallelsache bekannt gewordene ursprüngliche Reaktion der dortigen Antragsgegnerin, nach Abmahnung bzw. gerichtlicher Geltendmachung die Marken zu erwerben bzw. einen überschaubaren Lizenzbetrag an die Antragstellerin zu zahlen, verstärken den Verdacht, dass insoweit eine relevante „Dunkelziffer" existiert, in denen die „A - Gesellschaften" durch Geltendmachung von markenrechtlichen Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen Einkünfte generieren konnten.

Die Zweifel an der Seriosität des Geschäftsmodells der „A - Gruppe" werden weiter geschürt durch die Gründung immer wieder neuer Verwertungsfirmen (erst A1, dann G, dann die Antragstellerin und nun eine im Land2 gegründete A2 Ltd.), dies jeweils mit einem minimalen Stammkapital von ca. 2.500 € bzw. mit einer Haftungssumme von einem britischen Pfund. Das von der Antragstellerin beschriebene Geschäftsmodell verlangt eine solche Konstruktion nicht, sie kann aber relevant sein, wenn die Haftung für Gebühren- oder Schadensersatzforderungen bei unberechtigten Abmahnungen limitiert werden soll.

Auch der Umstand, dass ein Großteil der von den A - Gesellschaften gehaltenen Marken nach fruchtlosem Ablauf der Gebühreneinzahlungsfrist gelöscht wurden, kann als Anzeichen gewertet werden, dass die Marken kurzfristig mit dem Ziel der Behinderung gehalten und dann ohne erheblichen Kostenaufwand aufgegeben wurden. In der Gesamtschau bestätigt sich damit der vom Landgericht ausgesprochene Vorwurf des Rechtsmissbrauchs.

Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass die A3 über eine Vielzahl von Internet-Domains (z.B. www...eu, www....-...-....com etc.) verfügt, denn auch damit lässt sich nicht belegen, dass sie lautere geschäftliche Absichten verfolgen würde. Entsprechendes gilt für das nur auszugsweise vorgelegten „Co-Existence Agreement" zwischen dem Geschäftsführer der Antragstellerin und der Europäischen Union (Anlage AS 6). Wenn der Geschäftsführer der Antragstellerin dort als Inhaber einer „...well recognized European Trademark Agency..." bezeichnet wird, so lassen sich daraus keine Schlussfolgerungen ableiten, weil nicht ersichtlich ist, auf welcher Tatsachengrundlage diese Aussage in den Vertrag aufgenommen worden ist.

Auf die Fragen, ob das angegriffene Zeichen „D" von der Antragsgegnerin überhaupt markenmäßig genutzt wird und ob eine Verwechslungsgefahr zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen besteht, kommt es demnach nicht mehr an.

Anmerkung:

Die Entscheidung des OLG überzeugt. Die vorliegenden Indizien zeigen, dass der Markeninhaber seine formale Rechtsstellung in missbräuchlicher Weise ausnutzt. Davon kann man ausgehen, wenn der Markeninhaber eine Vielzahl von Marken für unterschiedliche Waren und Dienstleistungen anmeldet, keinen ernsthaften Willen hat, die Marke im eigenen Geschäftsbetrieb oder für Dritte aufgrund eines bestehenden oder potentiellen Beratungskonzepts zu nutzen und die Marken im Wesentlichen zu dem Zweck gehortet werden, Dritte, die identische oder ähnliche Bezeichnungen verwenden, mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen zu überziehen. Dies ist vorliegend sicherlich der Fall. Zwar stellt das OLG in erfreulicher Deutlichkeit fest, dass allein die Anzahl angemeldeter Marken für sich genommen einen Rechtsmissbrauchseinwand nicht zu begründen vermag, gleichwohl verdeutlicht das Urteil gut, welche anderen Kriterien zur Beurteilung der Rechtsmissbräuchlichkeit herangezogen werden können. Es sind dies:

  • Liegt der Markenanmeldung ein in sich stimmiges, seriöses Geschäftsmodell zugrunde?
  • Sind aus dem Geschäftsmodell bislang nachhaltige wirtschaftlichen Erfolge erzielt worden?
  • Ist der Markeninhaber in der Vergangenheit dadurch in Erscheinung getreten, dass er andere wegen vermeintlich markenverletzender Nutzung mit dem Ziel der Behinderung und Erzielung von Schadensersatzansprüchen verfolgt hat?
  • Dient die Geltendmachung von markenrechtlichen Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen vornehmlich der Generierung von Einkünften?
  • Handelt es sich bei dem Markeninhaber um eine Kapitalgesellschaft: Ist diese mit einem Stammkapital bzw. mit einer Haftungssumme ausgestattet, die auf eine Begrenzung der Haftung für Gebühren- oder Schadensersatzforderungen bei unberechtigten Abmahnungen hindeutet?
  • Werden Marken nur kurzfristig gehalten und dann ohne erheblichen Kostenaufwand aufgegeben - beispielsweise durch Nichtzahlung der Anmeldegebühren nach Ablauf der Gebühreneinzahlungsfrist?

Dr. Robert Kazemi

 

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